Ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Privatinsolvenzen bundesweit sprunghaft gestiegen. Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel gab es 31.821 Privatinsolvenzen im 1. Quartal 2021. Das waren 56,5 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach zehn Jahren sinkender Zahlen erwartet Crifbürgel für 2021 eine Verdoppelung der Privatinsolvenzen auf bis zu 110.000 Fälle. Unsere Partnerin Frauke Heier sieht in der aktuellen Entwicklung im 1. Quartal 2021 jedoch noch keinen Grund zur Sorge.
„Der vergleichsweise hohe Anstieg der Verbraucherinsolvenzverfahren im 1. Quartal 2021 ist meines Erachtens im Wesentlichen auf eine Gesetzesreform, welche mit Beschluss vom 30. Dezember 2020 rückwirkend zum 1. Oktober 2020 in Kraft getreten ist, zurückzuführen. Mit dem neuen Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens wird den Schuldnerinnen und Schuldnern die Erteilung der Restschuldbefreiung und damit ein wirtschaftlicher Neuanfang bereits nach drei Jahren statt bisher nach sechs Jahren gewährt. Die Rückwirkung erfolgte laut Mitteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit der Intention, dass auch diejenigen Schuldnerinnen und Schuldner bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden sollen, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind.
Da die Gesetzesänderung bereits zu Beginn des Jahres 2020 absehbar war, rieten viele Schuldnerberatungsstellen ihren Mandanten, Insolvenzanträge in Verbindung mit Anträgen auf Erteilung der Restschuldbefreiung erst nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes wieder zu stellen. Die von Crifbürgel für das Jahr 2019 ermittelte Anzahl der Privatinsolvenzen von 86.838 sank somit im Jahr 2020 auf lediglich noch 56.324. Dies führte im Ergebnis jedoch auch dazu, dass die aus diesem Grund im Jahr 2020 nicht gestellten Insolvenzanträge in Verbraucherinsolvenzverfahren im 1. Quartal des Jahres 2021 bei den Insolvenzgerichten eingereicht wurden.
Vor dem Hintergrund, dass sich eine Überschuldung der Privathaushalte, welche auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist, langsam entwickelt, wird mit diesbezüglichen Insolvenzantragstellungen erst im 2. Halbjahr 2021 zu rechnen sein. Zwar ist davon auszugehen, dass aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie höhere Fallzahlen im Jahr 2021 zu erwarten sein werden, ob sich die von Crifbürgel anhand der aktuellen Zahlen hochgerechnete Prognose von 110.000 Verbraucherinsolvenzverfahren im Jahr 2021 sodann tatsächlich bewahrheiten wird, bleibt vorerst noch abzuwarten.“