Zum Berufsalltag einer Insolvenzverwalterkanzlei gehört es, dass Unternehmen auch stillgelegt und abgewickelt werden müssen. Aktuelles Beispiel ist die Holz Design Moers GmbH. Nachdem das Eigenverwaltungsverfahren nicht erfolgreich war (LINK), erhalten jetzt 150 Mitarbeitende ihre Kündigung und Freistellung. Wir fragten bei unserer Partnerin Katrin Camp (Fachanwältin für Arbeitsrecht) nach.
Frau Camp – Wie muss aus arbeitsrechtlicher Sicht in einem solchen Fall vorgegangen werden?
Zunächst sollten die Geschäftsführung und der/die Insolvenzverwalter/in die Mitarbeiter zu jeder Zeit des Verfahrens ausreichend über Betriebsversammlungen und Informationsschreiben informieren. Die meisten Mitarbeiter sind von dieser Situation sehr betroffen. Daher sollte man sie soweit wie möglich miteinbeziehen und transparent informieren. Dann verstehen die Mitarbeiter meistens auch, dass es keine andere Möglichkeit mehr gibt und eine Betriebsstilllegung nicht mehr verhindert werden kann.
Eine Betriebsstilllegung, auch Betriebsschließung ist die endgültige Aufgabe des Betriebszwecks bei gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation.
Richtig. Es bedarf einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, im Falle der Insolvenz des/der Insolvenzverwalters/in. Etwaige von den Arbeitnehmern während der Kündigungsfrist noch durchzuführende Abwicklungsarbeiten stehen einer Schließungsabsicht nicht entgegen. Eine Betriebsschließung beendet das Arbeitsverhältnis weder automatisch, noch stellt dies einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Erforderlich ist eine betriebsbedingte Kündigung oder alternativ auch ein Aufhebungsvertrag. Eine Betriebsschließung ist bekanntlich ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung.
Gibt es in der Insolvenz arbeitsrechtliche Besonderheiten?
Ordentlich unkündbare Dienstverhältnisse können gekündigt werden und die Kündigungsfrist beträgt höchstens 3 Monate zum Monatsende, sofern nicht sogar eine kürzere Frist maßgeblich ist (§ 113 InsO).
Wie wird der Betriebsrat in diesen Prozess eingebunden?
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, muss der/die Insolvenzverwalter/in vor alledem diesen über die Betriebsschließung und die Kündigungen rechtzeitig und umfassend unterrichten und sich mit ihm beraten. Das sieht das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor. Der/die Insolvenzverwalter/in ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich zu verhandeln. Der Interessenausgleich betrifft die Entscheidung, „ob“ der Betrieb geschlossen wird. Sollte es im Rahmen einer Insolvenz zwischen dem/der Insolvenzverwalter/in und dem Betriebsrat zu keiner Einigung darüber kommen, kann der/die Insolvenzverwalter/in die Zustimmung des Arbeitsgerichts beantragen (§ 122 InsO).
Stichwort: Sozialplan.
Der/die Insolvenzverwalter/in muss, wenn keine Ausnahme wie das Sozialplanprivileg greift, mit dem Betriebsrat einen Sozialplan verhandeln. Ein Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die die Arbeitnehmer durch die Schließung des Betriebes erfahren. Dies erfolgt durch Abfindungsregelungen oder auch Transfermaßnahmen. Im Rahmen einer Insolvenz ist der Umfang des Sozialplans gedeckelt auf einen Gesamtbetrag von bis zu 2,5 Monatsverdiensten der betroffenen Arbeitnehmer und insgesamt nicht mehr als 1/3 der Insolvenzmasse (§ 123 InsO).